Previous Page  28 / 40 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 28 / 40 Next Page
Page Background

28

Fritz Pleitgen war neun Jahre alt, ein Steppke, als der große

FC Schalke 04 in seinem Heimatdorf vorbeischaute. Der

Club aus Gelsenkirchen kam zu einem Freundschaftsspiel

ins westfälische Bünde. Als Antrittsgage erhielten die

Schalker Eier, Speck und Zigarren – in der Nachkriegszeit

die übliche Währung. Der kleine Fritz stand als Zuschauer

am Rand. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie uns Namen

wie Kalwitzki und Tibulski faszinierten. Wir identifizierten

uns mit Spielern, die wir nie sahen, aber deren Namen

wir uns mit Wonne zulegten, weil sie so schön exotisch

klangen: Rachuba, Kelbassa, Kasperski, Niepieklo, Schan-

ko oder Kwiatkowski. So kam die Migration auch zu uns.“,

erinnerte sich der langjährige ARD-Intendant und Kurator

der DFB-Kulturstiftung bei der Eröffnung der Ausstellung

„Von Kuzorra bis Özil – Die Geschichte von Fußball und

Migration im Ruhrgebiet“.

Fußball, Kohle und Maloche:

Der Pott als „Schmelztiegel“

Pleitgens Besuch in der Zeche „Hannover“ war für ihn

selbst eben auch eine Reise in die Vergangenheit. Hier,

am Rande von Bochum, wo heute das Westfälische Lan-

desmuseum für Industriekultur beheimatet ist, fuhren bis

1973 Generationen von Bergleuten unter Tage. Im trutzigen

Backsteinbau des ehemaligen Maschinenraums ist die Aus-

stellung untergebracht. Ein Ort mit Symbolkraft. „Fußball

und Migration“, so Pleitgen bei seiner Eröffnungsrede,

„haben nach Kohle und Stahl das Leben im alten Ruhrge-

biet am meisten geprägt. Kohle und Stahl haben längst den

Rückzug angetreten. Das Ruhrgebiet wird sich mehr und

mehr wandeln, geprägt sein von Dienstleistungen aller Art

und – wie bisher – von Fußball und Migration.“

Der Fußball, ein Migrant

Die Geschichte des FuSSballs im Ruhrgebiet lässt sich auch als regionale Wirtschafts- und

Sozialgeschichte lesen. Kohle, Stahl und Einwanderung sind zentrale Kapitel ihrer Chronik.

Unter dem Titel „Von Kuzorra bis Özil“ hat das LWL-Industriemuseum nun erstmals das Ver-

hältnis von FuSSball und Migration dargestellt. Entstanden ist eine integrationspolitisch

hochaktuelle Ausstellung.