Previous Page  24 / 40 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 24 / 40 Next Page
Page Background

24

Großeltern. „Es ist unsere Aufgabe, dass das niemals

vergessen wird“, fasst DFB-Vizepräsident Ronny Zimmer-

mann als Leiter der Delegation zusammen, „Reisen wie

diese sollten zwingender Bestandteil der künftigen Arbeit

des DFB sein.“

Wie in der Gesellschaft, so

im Fußball. Gedenkstätten

setzen in ihrer Erinnerungs-

arbeit zunehmend auf per-

sönliche Lebensgeschichten.

Zeitzeugengespräche und

fußballnahe Biografien wie

die von Nationalspieler Juli-

us Hirsch, 1943 in Auschwitz

ermordet, erreichen junge

Leute nachhaltig und inten-

siv. Zwicker hat der Mann-

schaft im österreichischen

Trainingslager einige davon

erzählt. Die Spieler, so Trai-

ner Horst Hrubesch, sollten etwas lernen über die Orte,

wo sie spielen: „Die historischen Hintergründe des Gast-

geberlandes der EM spielen eine wichtige Rolle für uns.“

Und so erfuhren ter Stegen, Can, Kimmich & Co. auch etwas

über Prag als tschechisch-deutsch-jüdische Fußballmetro-

pole um 1900 und den Deutschen Fußball-Club (DFC) Prag,

1903 im ersten Finale um die deutsche Meisterschaft. Mit

dem Fußball aus der Geschichte lernen, eine wichtige und

lohnende Aufgabe, auch für die DFB-Nationalmannschaften.

Aber auch hier wurde Fußball gespielt im Innenhof der

„Dresdner Kaserne“. Die „Liga Terezin“ war ein lagerin-

ternes Turnier der Gefangenen, Fleischer gegen Elektri-

ker, Jugendfürsorge gegen Gärtner. Sechs gegen sechs,

auf sandigem Grund. Der Fußball trägt zur Ablenkung

und Ruhe bei – und zur Be-

ruhigung nach außen: In

einem Propagandafilm des

Regimes sind Kinder zu se-

hen, die den Teams zujubeln.

Eine einzige Täuschung, er-

läutert Zwicker, nur Wochen

später sind alle Filmmit-

wirkenden tot, verhungert,

erkrankt, nach Auschwitz

deportiert. Dennoch: Das

Fußballspiel ist für die Ge-

fangenen ein kurzer Licht-

blick der Menschlichkeit,

wie Paul Mahrer, früherer

tschechischer Nationalspie-

ler und Spielertrainer des „Fleischer-Teams“, sich später

erinnert: „In der Unsicherheit, in der man wusste, dass

man innerhalb von zwei oder drei Stunden für den Trans-

port bereit sein musste, war der Fußball wie ein Strei-

cheln und eine Zeit der Ablenkung, die wir im Wartesaal

auf dem Weg zur Hölle erleben konnten.“

„Die Erinnerung bleibt“, steht auf dem Kranz, den die

Delegation später auf dem jüdischen Friedhof außerhalb

der hohen Garnisonsmauern hinterlässt. Nur wenige sind

hier bestattet. Kurz vor der Befreiung durch die Rote Ar-

mee mussten die Überlebenden, unter ihnen der 15-jährige

Zvi Cohen, die Asche von mehr als 30.000 Opfern in den

nahegelegenen Fluss schütten. Beweisvernichtung. Auf ei-

ner der Urnen aus Pappkarton findet Zvi die Namen seiner

Reisen wie diese

sollten zwingender

Bestandteil der

künftigen Arbeit des

DFB sein.

Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident /

Delegationsleiter U21-Nationalmannschaft

In der Gedenkstätte Theresienstadt (von links im Vordergrund):

DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann, Uwe Harttgen (DFL) und DFB-Sportdirektor Hansi Flick

Die U21-Nationalmannschaft im Vortrag von Dr. Stefan Zwicker