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Großeltern. „Es ist unsere Aufgabe, dass das niemals
vergessen wird“, fasst DFB-Vizepräsident Ronny Zimmer-
mann als Leiter der Delegation zusammen, „Reisen wie
diese sollten zwingender Bestandteil der künftigen Arbeit
des DFB sein.“
Wie in der Gesellschaft, so
im Fußball. Gedenkstätten
setzen in ihrer Erinnerungs-
arbeit zunehmend auf per-
sönliche Lebensgeschichten.
Zeitzeugengespräche und
fußballnahe Biografien wie
die von Nationalspieler Juli-
us Hirsch, 1943 in Auschwitz
ermordet, erreichen junge
Leute nachhaltig und inten-
siv. Zwicker hat der Mann-
schaft im österreichischen
Trainingslager einige davon
erzählt. Die Spieler, so Trai-
ner Horst Hrubesch, sollten etwas lernen über die Orte,
wo sie spielen: „Die historischen Hintergründe des Gast-
geberlandes der EM spielen eine wichtige Rolle für uns.“
Und so erfuhren ter Stegen, Can, Kimmich & Co. auch etwas
über Prag als tschechisch-deutsch-jüdische Fußballmetro-
pole um 1900 und den Deutschen Fußball-Club (DFC) Prag,
1903 im ersten Finale um die deutsche Meisterschaft. Mit
dem Fußball aus der Geschichte lernen, eine wichtige und
lohnende Aufgabe, auch für die DFB-Nationalmannschaften.
Aber auch hier wurde Fußball gespielt im Innenhof der
„Dresdner Kaserne“. Die „Liga Terezin“ war ein lagerin-
ternes Turnier der Gefangenen, Fleischer gegen Elektri-
ker, Jugendfürsorge gegen Gärtner. Sechs gegen sechs,
auf sandigem Grund. Der Fußball trägt zur Ablenkung
und Ruhe bei – und zur Be-
ruhigung nach außen: In
einem Propagandafilm des
Regimes sind Kinder zu se-
hen, die den Teams zujubeln.
Eine einzige Täuschung, er-
läutert Zwicker, nur Wochen
später sind alle Filmmit-
wirkenden tot, verhungert,
erkrankt, nach Auschwitz
deportiert. Dennoch: Das
Fußballspiel ist für die Ge-
fangenen ein kurzer Licht-
blick der Menschlichkeit,
wie Paul Mahrer, früherer
tschechischer Nationalspie-
ler und Spielertrainer des „Fleischer-Teams“, sich später
erinnert: „In der Unsicherheit, in der man wusste, dass
man innerhalb von zwei oder drei Stunden für den Trans-
port bereit sein musste, war der Fußball wie ein Strei-
cheln und eine Zeit der Ablenkung, die wir im Wartesaal
auf dem Weg zur Hölle erleben konnten.“
„Die Erinnerung bleibt“, steht auf dem Kranz, den die
Delegation später auf dem jüdischen Friedhof außerhalb
der hohen Garnisonsmauern hinterlässt. Nur wenige sind
hier bestattet. Kurz vor der Befreiung durch die Rote Ar-
mee mussten die Überlebenden, unter ihnen der 15-jährige
Zvi Cohen, die Asche von mehr als 30.000 Opfern in den
nahegelegenen Fluss schütten. Beweisvernichtung. Auf ei-
ner der Urnen aus Pappkarton findet Zvi die Namen seiner
Reisen wie diese
sollten zwingender
Bestandteil der
künftigen Arbeit des
DFB sein.
Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident /
Delegationsleiter U21-Nationalmannschaft
In der Gedenkstätte Theresienstadt (von links im Vordergrund):
DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann, Uwe Harttgen (DFL) und DFB-Sportdirektor Hansi Flick
Die U21-Nationalmannschaft im Vortrag von Dr. Stefan Zwicker