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ersten mal findet das im vierjahresrhythmus ausgetragene

Sportfest in deutschland statt. auf dem berliner olympia-

gelände, Schauplatz von hitlers olympia 1936. eine histo-

rische Symbolik, die auch belasten kann, aber nicht muss,

findet meyer: „die ausstellung vermittelt die gleiche bot-

schaft wie auch die Spiele: Wir

sind hier zu hause!“ aber wirft

die holocaustvergangenheit

keinen Schatten über das Tur-

nier? „das sehe ich ganz und

gar nicht so. die vergangenheit

wird uns immer begleiten. Sie

wird nie vergessen, aber sie

steht heute nicht mehr zwi-

schen uns. Wir leben in einer

globalisierten Welt. Wir hören

dieselbe musik, sehen diesel-

ben Filme, schauen denselben

Fußball. am Strand von Tel aviv

tragen die leute heute Trikots

von Özil oder müller – so wie

auch in berlin oder istanbul.

Wo ist da eigentlich noch platz

Walther Bensemann

1873 – 1934

FuSSBall unD

Gesellschaft

für rassismus? denn genauso wie uns diese begeisterung

für tollen Fußball verbindet, teilen wir alle die gleiche er-

fahrung der geschichte. dass es schlichtweg dumm und

furchtbar gefährlich ist, menschen auszugrenzen.“

vergangenheit hier, gegenwart da. auch die Kamerastate-

ments der übrigen eröffnungsgäste zwischen den locker

verstreuten Figuren umkreisen diese pole. unter ihnen ist

Kulturstaatsministerin monika grütters, Stiftungskuratorin

und ausstellungsförderin, die nur einen kurzen Fußweg

vom Kanzleramt hatte. „es ist so wenig bekannt über die

ausgrenzung von Juden im deutschen Sport“, begründet

die Kulturstaatsministerin. „dass diese ausstellung an

diesem zentralen ort zu sehen ist“ und nicht in einem

historischen museum, sei „wie ein Stolperstein, der die

passanten im vorbeigehen zum einhalten und nachden-

ken bringt.“ dass das Konzept aufgeht, zeigt sich, kaum

dass die filigran anmutenden Figuren aus transparentem

Spezialkunststoff vor dem bahnhof aufgebaut sind. ohne

berührungsängste nehmen reisende mit rollkoffern, in-

ternationale berlin-Touristen und pendler die ausstellung

in besitz, lesen, machen Selfies

mit ihren handys.

So soll es sein. vorder- und

rückseite der Figuren zeigen

die Sportler zwischen den

existenziellen extremen ihrer

lebens- und Sportbiografien,

zwischen erfolg und verfol-

gung. vorn eine ganzkörper-

aufnahme in wettkampftypi-

scher haltung, stark, auf dem

höhepunkt ihrer sportlichen

vita. die Figurenrückseiten

hingegen erzählen die bis

heute unfassbaren leidensge-

schichten in nazideutschland.

Julius hirsch wird in auschwitz

Wie uns die Fußball-

begeisterung verbindet,

teilen wir auch die

gleiche Erfahrung der

Geschichte: dass es

schlichtweg dumm und

furchtbar gefährlich ist,

Menschen auszugrenzen.

alon meyer,

präsident makkabi deutschland