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dem stimmte auch dFb-vizepräsident eugen gehlenborg
zu, der für die dFb-Kulturstiftung als ausstellungsförderer
ein grußwort sprach. immerhin als „ersatzreligion“ könne
man den Fußball aber beschreiben in einer zeit, in „der
sich immer mehr menschen auf das diesseits, statt des
Jenseits“ konzentrieren. und er ist eine Wertegemein-
schaft, eine Schule für Fair play, und damit am ende der
religion nicht unähnlich. dem mochte nach den beiden
„Fußballpraktikern“ auch dr. margret ribbert, Kuratorin
am historischen museum basel, nicht widersprechen.
dennoch, so ribbert, mehrere Wissenschaftler hätten auf
einer Fachtagung der Schwabenakademie irsee im letzten
Jahr festgestellt, dass Fußball „die religionsdefinitionen
durchaus erfülle.“ zumindest eine sinnstiftende rolle
könne man ihm nicht absprechen. und bei einer umfrage
unter den besuchern der ausstellung in basel habe die
hälfte der besucher die Frage bejaht.
die ausstellung „Fußball halleluja!“, ein gemeinschaftspro-
jekt der Stadtmuseen basel und amsterdam, gastierte
vom 16. oktober 2015 bis zum 27. märz 2016 im bremer
Focke-museum, dem bremer landesmuseum für Kunst und
Kulturgeschichte. die ausstellung geht in neun multimedi-
alen Stationen mythen und Fußball-legenden auf die Spur
und staunt über die ähnlichkeiten von ritualen,
reliquien und überirdischen ereignissen
– von der „pilgertour ins Stadion“
bis zum „heiligen rasen“. voodoo-
Figuren aus Westafrika treffen
auf europäische Fußballheilige
und „begnadete“ profi-Kicker.
medienstationen nehmen den besucher mit in die Fuß-
balltempel, wo die Fans ihre choräle anstimmen und ein
Tor in letzter minute die „erlösung“ bringt.
über sprachliche metaphorik hinausgehend finden Kirche
und religion heute oft einen ganz konkreten platz in den
Stadien und im alltagsleben der Fans, selbst im privaten
bereich. Fußballjünger beten in eigenen Stadionkapellen,
heiraten im mittelkreis, bringen ihre Kinder in Kreißsälen
in vereinsfarben zur Welt und lassen sich auf vereinsfried-
höfen beisetzen.
die ausstellung im Focke-museum ist außerdem um lokale
Stationen ergänzt, die sich unter anderemmit den „Wundern
von der Weser“, den legendären europapokal-aufholjagden
von Werder bremen gegen dynamo berlin, Spartak moskau
und olympique lyon, und den „heiligen vier Sternen“ der
deutschen nationalmannschaft beschäftigen. und damit die
Kleinsten nicht nur staunen und lernen, sondern auch in
bewegung kommen, förderte die dFb-Kulturstiftung beson-
ders den erlebnisparcours „Focke kickt!“, in dem Kinder und
Jugendliche ihr Wissen, aber auch ihre Fähigkeiten am ball
spielerisch messen konnten. aber auch mancher
erwachsene, der sich in der unterhaltsamen
und anspruchsvollen ausstellung zu
tief in die metaphysischen abgrün-
de der Fußballkultur begeben hatte,
kam bei einigen Schussversuchen
schnell wieder zurück ins diesseits.
Fußballjünger beten
in Stadionkapellen,
heiraten im Mittelkreis und
lassen sich auf Vereins-
friedhöfen beisetzen.
FuSSBall
kultur