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gelben Stern zu tragen. Nicht locker irgendwo am Arm, nein,
festgenäht an der Jacke. Ein weithin sichtbares Zeichen: Ich
bin ein Jude, also: ein Aussätziger, wertlos. Einer, dem man
alles antun darf. Für den kleinen Zvi zu viel: Er schließt sich
ein, verlässt die elterliche Wohnung nicht mehr. Zwei Jahre
lang. Jahre, die er mit Musik überbrückt, mit der geliebten
Mundharmonika. Schließlich kommen sie doch in die Woh-
nung, um ihn abzuholen, die SS-Männer, selbst fast noch
Jungen wie er. Er hält sie fest, spielt ihnen Volkslieder vor,
so lange bis seine Eltern zurückkehren und sie nicht einzeln
deportiert werden. Das Ziel heißt Theresienstadt.
Zvi Cohen wirkt jünger als 85. Deutsch, die Sprache sei-
ner Kindheit, spricht er nur, wenn die Gruppen kommen,
Schüler, die seine Geschichte hören wollen, oder heute die
Nationalspieler. Er und seine Eltern gehören zu den weni-
gen Überlebenden von Theresienstadt. Sie bauen sich nach
1945 ein neues Leben in Israel auf. Heute leben rund 180.000
Behutsam wird das Stückchen Stoff weitergereicht. Von
Hand zu Hand. Jeder Spieler will es einmal berühren, nur
kurz. Der, dem es gehört, sitzt vor der Mannschaft und
erzählt. Aus einer Zeit, in der dieser gelbe sechseckige
Stern, den früher jedes Kind in Deutschland kannte, den
Unterschied ausmachen konnte zwischen Leben und Tod.
„Jude“ steht in seiner Mitte geschrieben.
Zvi Cohen, 85, der Mann mit dem Davidstern, wählt seine
Worte mit Bedacht. Er hat seine Lebensgeschichte schon oft
erzählt. Und auch an diesem Dezemberabend im Herods Ho-
tel Herzliya, im Quartier der deutschen U18-Nationalmann-
schaft nördlich von Tel Aviv, zieht sie die Zuhörer in ihren
Bann. Wie sich für ihn, den Berliner Jungen, plötzlich alles
ändert. Wie er sich nicht mehr mit seinen Freunden treffen,
in den Park gehen, mit der Straßenbahn fahren darf. Wie
er, seine Eltern und Verwandten, gezwungen werden, den
Wissen, was passiert ist
Seit 2008 entwirft die DFB-Kulturstiftung historische Bildungsprojekte der Erinnerungskul-
tur für die DFB-Junioren-Nationalmannschaften, 2015 in den Gedenkstätten von Yad Vashem
und Theresienstadt.